In der Ausgabe 2/2023 des Magazins „Schweizer Journalist:in“ wurde ein Artikel zum Thema Leistungsschutzrecht veröffentlicht. Der Beitrag lässt neben Andrea Masüger, dem Präsidenten des Verbands Schweizer Medien (VSM) und Befürworter des Leistungsschutzrechts auch die Kritikerin Camille Rosseau vom Verband Medien mit Zukunft und den Verbandslosen Verleger Urs Gossweiler aus Brienz zu Worte kommen.
Das Leistungsschutzrecht, das der VSM vorantreibt, zielt darauf ab, Plattformen wie Google zur Zahlung einer Art Vergütung für die Verlinkung ihrer Inhalte zu verpflichten. Interessanterweise wird nun auch der Bereich der Künstlichen Intelligenz in diese Diskussion einbezogen.
Zu Demonstrationszwecken hat der Autor des Artikels eine Suche durchgeführt und dabei hauptsächlich Links gefunden, die nicht von Medienverlagen stammen:
Die Link-Abgabe bezieht sich auf die Linklisten, die Google beim Suchen nach bestimmten Begriffen aufreiht. Ein Beispiel: Wenn ich auf Google die Suchworte „Leistungsschutzrecht Medien Schweiz“ eingebe, erscheinen – je nach Ländererkennung – 31.000 Verweise dazu. Jeder Verweis bzw. Link verfügt über einen Titel und zwei Textzeilen. Mein Versuch listet als erste fünf Treffer Links zu steigerlegal.ch, APA-OTS, admin.ch, Digitale Gesellschaft.ch und persoenlich.com. Hier gibt es Links und damit Quellenangaben zum gesuchten Thema. Diese Google-Liste soll abgeschöpft werden.
Schweizer Journalist 2/2023 S.68 (Hervorhebung durch den Autor)
Camille Rosseau legt dar, warum sie und ihr Verband sich gegen die geplante Linksteuer aussprechen:
«Die Schweiz braucht keine Linksteuer, die merkwürdige publizistische Anreize setzt, sondern, wenn schon, eine Medienförderung, die demokratisch legitimiert ist und sich nicht von Grosskonzernen abhängig macht.»
Camille Rosseau im Schweizer Journalist 2/2023 S.68ff
Sie führt weiter aus, warum das Leistungsschutzrecht nichts zur Förderung von demokratierelevantem Qualitätsjournalismus beiträgt. Im Gegenteil, es wird die weit verbreitete Praxis vieler großer Verlagshäuser, auf emotionale, klickstarke Titel zu setzen, nur noch verstärken:
«Grundsätzlich wird vor allem reichweitenorientierter Journalismus und nicht Recherchejournalismus gefördert»
Camille Rosseau im Schweizer Journalist 2/2023 S.68ff
Die Medienkonzerne wollen mittlerweile auch noch alle generativen KI-Systeme im selben Aufwisch zur Kasse beten.
So Masüger:
Das Leistungsschutzrecht ist in Zeiten von Künstlicher Intelligenz erst recht notwendig. Denn sie verschleiert die verwendeten journalistischen Quellen. Unzählige journalistische Texte, die von Medienhäusern publiziert werden, geraten in einen unüberblickbaren Transformationsprozess.
Andrea Masüger im Schweizer Journalist 2/2023 S.68ff
Hier liegt die Kernproblematik dieser Debatte: Das Urheberrecht sieht klar vor, dass neue Werke durch Inspiration bestehender Werke entstehen. Dieser Transformationsprozess liegt jedem neuen Werk, jedem journalistischen Text, zugrunde. Im Urheberrecht ist richtigerweise nur das Werk selbst und nicht die zugrundeliegende Idee geschützt. Würden Ideen urheberrechtlich geschützt, wäre die Freiheit der Meinungsäußerung und der kreativen Entfaltung zu stark eingeschränkt.
Man könnte jedoch argumentieren, dass der journalistische Prozess genau das Gleiche tut: Er verschleiert die verwendeten Quellen. Unzählige Texte, die von anderen Menschen erstellt wurden, geraten in einen ähnlichen Transformationsprozess. Wenn Herr Masüger bei seiner Argumentation bleibt, müssten wir konsequenterweise fordern, dass alle Urheber von Quellenmaterial, das im journalistischen Prozess verwendet wird, entschädigt werden.
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