Urheberrechte und Generative KI – Mein Gespräch mit Matthias Schüssler in der Sendung Nerdfunk

Am 6. Februar war ich beim Journalisten Matthias Schüssler in der Sendung Nerdfunk des Radio Stadtfilter zu Gast. Angestossen wurde dieses Gespräch durch eine LinkedIn Diskussion über den Beitrag Fairly Trained stellt Zertifikate für KI-Firmen aus, die Rechteinhaber fragen bevor sie trainieren.

Meine Überzeugung ist, dass wir auf keinen Fall das Urheberrecht dahingehend ausweiten dürfen, dass die durch KI generierten Inhalte durch die Anbieter der Modelle geschützt werden können. Weiterhin finde ich auch, dass das Training von Modellen keine Verletzung des Urheberrechts darstellen sollte.

Anhören kannst Du Dir die Sendung hier.

Transkript

Dieses Transkript habe ich mit Castmagic erstellen lassen. Dafür, dass wir Schweizerdeutsch gesprochen haben, ist es nicht so schlecht geworden.

Matthias Schüssler [00:00:03]:
Madvillain featuring Mad mit Raid. Und hier ist Radio Stadtfilter. Nerdfunk, herzlich willkommen zum Nerdfunk. Nerdfunk, ihr Nerd am Mikrofon, Matthias Schüßler. Ist es eigentlich okay, dass die Tech-Unternehmen das ganze Web als Trainingswiese brauchen für ihre Bots und Bildgeneratoren? Oder ist das dann vielleicht ein Betrug an diesen Urheberinnen und Urheber, die ihr Wissen, ihre Kreativität und ihre Werke zur Verfügung stellen, damit die Bots trainiert werden können und dann oftmals gegen Geld tun, wie wenn sie alles wüssten oder alles könnten. Oder müssten eigentlich die Tech-Unternehmen diese Menschen entschädigen, die dieses Material zur Verfügung stellen, das sie da für ihr Training von ihren KI-Modellen verwenden. Hier im Studio ist Andreas Fogunten und der, wenn ich dich zitieren darf, hält die Idee, dass man diese Urheber entschädigen müsste. Für eine Schnapsidee, weil die KIs, wenn ich dich richtig verstanden habe, die brauchen diese Informationen so wie wir Menschen brauchen, wenn wir lernen.

Matthias Schüssler [00:01:19]:
Und darum ist es eigentlich nicht angebracht. Und ich habe dann… Wir sind uns dann auf LinkedIn ein bisschen die Haare geraten, weil ich fand, ich kann eigentlich dieser Idee schon etwas abgewöhnen. Und jetzt… Auf LinkedIn kann man einfach nicht gut streiten, oder Andreas? Darum führen wir es jetzt hier im Radiostudio unter Echtzeit und unter realen Bedingungen weiter. Warum findest du das Ich habe es plakativ zusammengefasst. Warum findest du das eine schnappe Idee? Denn eigentlich liegt es doch auf der Hand, dass man diese Forderung aufstellen kann.

Andreas Von Gunten [00:01:54]:
Ja, ich muss gleich schauen, wo ich am besten anfange. Also, zuerst einmal, hoi, Matthias. Danke, dass ich bei dir sein darf. Gerne.

Matthias Schüssler [00:02:01]:
Freue mich, dass du da bist.

Andreas Von Gunten [00:02:02]:
Ich finde es interessant, dass wir die Diskussion weiterführen. Ich finde es auch toll, dass so etwas im Netz passiert, dass man irgendwo diskutiert und sie mit anderen weiterführt. Ich finde es toll, dass du das anbietest. Zurück auf deine Frage. Es geht Folgendes. Die generativen KI, von der wir hier sprechen, möglichst viele Informationen verarbeitet und statistische Verhältnisse herstellt zwischen den verschiedenen Informations-Chunks, ob das Texte, Bildmaterial, Audio oder Video sind. Die statistischen Daten, die da entstehen, können wiederum dazu helfen, neue Dinge zu generieren, die lustigerweise und interessanterweise und für alle erstaunlicherweise tatsächlich etwas Sinnvolles ergänzen. Was hier passiert, ist, dass wir einen Schritt weiterkommen zum alten Traum, den uralten Traum, den wir seit der Bibliothek von Alexandria haben.

Andreas Von Gunten [00:03:04]:
Dass wir Menschen das komplette Wissen von allen zusammen jederzeit allen zur Verfügung stellen können. Dass wir es immer im Zugriff haben. So entstanden Bibliotheken. Die Idee der Bibliothek war letztendlich das Grossartige. Am Anfang des Netzes, vom Web, die Idee, dass alles zusammenkommt. Mit den generativen KI gibt es einen neuen Aspekt, der dazukommt. Bis jetzt mussten wir nach Informationen suchen mit einer Suchmaschine. Die Informationen, die andere Leute ins Netz gestellt haben, konnte man finden und sich dort Antworten zusammensuchen zu den Fragen, die man hat.

Andreas Von Gunten [00:03:41]:
Das funktionierte oft so, dass man einen Suchbegriff, einen Suchsatz oder eine Frage eingebt, und man bekam die Liste von den Links. Das gab sehr viel Aufwand, denen nachzugehen, diese Dinge anzuschauen. Jetzt ist es genial. Man hat noch Probleme mit Halluzinierungen usw. Das kann man lösen, Aber am Schluss muss man sich klar werden, jetzt ist die Idee da, dass man alles, was je geschrieben wurde, zusammenfasst und verfügbar macht für alle. Und das ist das Grossartige.

Matthias Schüssler [00:04:13]:
Genau, das ist deine Vision der offenen Wissensgesellschaft und des Wissens, das niemand besitzt und allen gehört. Ich glaube, An diesem Punkt sind wir uns absolut einig. Das ist auch meine Vision. Ich finde sie supertoll. Und dich noch kurz vorzustellen Du vertrittst das ja auch als Verleger, dass du die Idee hast, dass das Wissen möglichst offen und frei zugänglich sein muss. Du bist auch beim Verein der digitalen Gesellschaft. Die setzt sich für Offenheit, Grundrecht, Menschenrecht im Netz ein. Und du bezeichnest dich als linkslibertärer Humanist.

Matthias Schüssler [00:04:53]:
Ich glaube, du bist genau der Richtige, zu diskutieren. Ich würde dir absolut recht geben, wenn ich nicht den Hang dieser Tech-Konzerne sehe, die sagen, sie hätten nicht die Wissensgemeinschaft und unser aller Nutzen im Sinn, sondern sie wollen das Wissen Ich sage etwas überspitzt, aber vielleicht ist es gar nicht überspitzt. Bei Google dunkt es mich, dass sie das monopolisieren wollen. Sie wollen möglichst die Gatekeeper sein von diesem Wissen. Und jeder, der davon partizipieren will, muss ihnen entweder Daten, Geld oder etwas zugutetun, damit sie noch grösser, stärker und mächtiger werden. Ich glaube, das funktioniert für mich nicht. Man muss die Technikkonzerne davon abhalten, das Menschheitswissen für sich zu vereinnahmen und dann alles wieder zu verkaufen, obwohl wir es ihnen ursprünglich zur Verfügung gestellt haben. Okay, sie müssen dafür zahlen, wenn sie die Daten verwenden oder benutzen, aktiv verwerten, das ist so die einfachste Variante.

Matthias Schüssler [00:06:09]:
Aber vielleicht gibt es eine bessere, aber warum fangen wir nicht mal bei der einfachsten Variante an und sagen, die müssen einfach zahlen, wenn sie etwas nehmen.

Andreas Von Gunten [00:06:18]:
Du hast einen ganz wichtigen Punkt gebracht. Da sind wir uns auch wieder einig. Wir müssen verhindern, dass Grosskonzerne das Wissen dieser Welt monopolisieren können und selber für sich nur noch entscheiden, wer das nutzen kann und wie. Genau darum müssen wir beim Urheberrecht dafür sorgen, dass das nicht passiert. Genau das ist der Grund, warum alle Urheberrechtsrevisionen, die wegen dieser ganzen Geschichte wieder angeteilt werden, genau dafür da sind, damit die Konzerne monopolisieren können. Jede Urheberrechtsrevision, die wir jetzt hatten, hat den Urheber vor den Karren gespannt, aber letztendlich Recht geschaffen, der von den Grosskonzernen kapitalisiert und monopolisiert werden könnte. Wenn wir jetzt etwas verhindern müssen, ist es vor allem das, das Allerwichtigste, bevor wir nochmals darüber sprechen, ob sie für Trainingsdaten zahlen müssen. Das Allerwichtigste ist das.

Andreas Von Gunten [00:07:13]:
Die Tendenz wird sein, dass die grossen Konzerne wie OpenAI, Google usw. Im Einklang mit den grossen Verlagskonzernen verlangen, dass die kreierten Inhalte auch urheberrechtlich geschützt werden. Das würde dazu führen, dass die komplette Kommunikation der Menschheit in den Händen ein paar weniger Konzerne. Bei jeder Nutzung verdient einer der Konzerne etwas. Das ist nur möglich wegen des Urheberrechts. Die Monopolisierung von Wissen entsteht erst, weil man mit dem Urheberrecht genau so ein Monopolrecht schafft. Dass man sagt, die Urheber haben etwas davon, ist die grösste Farce, seit wir in der Aufklärung sind. Das stimmt einfach nicht.

Andreas Von Gunten [00:07:56]:
99,9 % der Urheber heute schon und Urheberinnen haben nichts vom Urheberrecht, ausser ein paar Brosamen. Es ist immer so, dass das Urheberrecht niemandem hilft, als denen, die zuoberst oben sind, also die am meisten schon sonst verdienen, die die grossen Stars sind bei den Urhebern. Und v.a. In den Verlagskonzernen, in welcher Branche auch immer, Musikbücher, Filme usw. Darum hat man eine Konzentration, drei, vier Konzerne pro Branche. Die sind die Einzigen, die in der Masse monetarisieren können. Jetzt kommen neue Digitalkonzerne dazu, die gerne alle Äusserungen, die wir in Zukunft machen, durch Lizenzen monetarisieren

Matthias Schüssler [00:08:33]:
können.

Andreas Von Gunten [00:08:34]:
Wir müssen dagegen sein.

Matthias Schüssler [00:08:36]:
Uff, ja. Das war ein super Plädoyer und ich glaube, ich verstehe, wie du das meinst. Aber wie kommen wir dann dort hin? Wir können ja nicht das Urheberrecht auflösen. Nein. Schildere mir doch an deiner Stelle, wie deine Vorstellung aussehen würde, wie das Urheberrecht organisiert sein müsste. Gäbe es das gar nicht, würden wir das abschaffen. Und wie kämen dann die Urheber, wenn ich einen Blogbeitrag schreibe, zum Geld? Ich muss ja trotz allem von irgendetwas leben, oder?

Andreas Von Gunten [00:09:18]:
Genau. Vielleicht das Erste, das wir klarstellen müssen. Das ist wichtig. Ich will dir nicht zu nahe treten, denn ich bin auch ein Blogger wie du. Du verdienst von deinen Blogbeiträgen auch jetzt kein Geld. Das ist so. Das Urheberrecht bringt dir im Moment gar nichts. Und das ist wichtig.

Andreas Von Gunten [00:09:35]:
Ich bin persönlich der Meinung, das Urheberrecht müssen wir abschaffen. Also, intellectual property is common property, ist der Titel meiner Masterthesis. Ich bin der Meinung, Es gibt nichts wie ein Geisteseigentum, weil der Kreativprozess immer ein interpersoneller Prozess ist. Es gibt nichts, das nicht mit anderen Zusammenhängen, mit anderen Austauschen stattgefunden hat. Selbst wenn das am Schluss bei mir herauskommt. Ich mache immer das Beispiel von Pablo Picasso. Wenn er alleine auf einer Insel aufgewachsen wäre und keinen Kontakt zu irgendwelchen anderen Kulturen hätte, wäre seine Malerei nie bei ihm entstanden. Sie wäre aber wahrscheinlich bei jemand anderem entstanden.

Andreas Von Gunten [00:10:12]:
Man muss sich das vorstellen wie ein riesiges Netzwerk von verknüpften Hirnen über die Zeit und den Ort hinweg, der mittlerweile durch die Internetverhetzung noch viel schneller und dynamischer funktioniert. Bei jemandem kommt jeweils ein Fass zum Überlaufen mit einem Tropfen, der das Werk herausgibt. Das merkt man auch, wenn man mit Künstlern Interviews liest. Wenn man fragt, wie es entstanden ist, ja, ich weiss auch nicht, das ist mir einfach zugefallen. Musa hat mich geküsst oder was weiss ich. Malo, der in 80 Jahren einen grossen Hit hatte, ähm, weiss ich jetzt gerade den Namen nicht mehr, ein Puppet, den ich extrem gerne gehört habe, der lebt seit 80 Jahren in Hamburg von Tantiemen von diesem Hit. Wenn er mich fragt, wie es entstanden ist, habe ich zehn Minuten geschrieben. Ich mag ihm das gönnen, das geht es überhaupt nicht.

Andreas Von Gunten [00:10:56]:
Es geht mir nur darum, dass Urheberrecht nichts mit der Arbeit zu tun hat, sondern nur mit dem Umverteilen pro Nutzung. Und jetzt wichtig, wie sieht eine Welt ohne Uriberrecht aus? Sie sieht so aus, dass alle Leute alle Werke jederzeit nutzen können. Das würde dazu führen, dass man einen viel höheren Output an kultureller Produktion hätte. Und man müsste jetzt Geld anders verdienen. Anders heisst z.B. Das, was jetzt auch passiert, was Musiker und Musikerinnen machen live. Anders kann Zugang heissen zu jemandem. Du könntest z.B.

Andreas Von Gunten [00:11:27]:
Ein Membership machen, mit dem man über Dinge diskutieren kann, wenn du über bestimmte Gebiete gut bist. Du hast nicht alleine geschrieben, aber Du wirst auch nicht der Einzige sein, der über irgendein Produkt schreibt.

Matthias Schüssler [00:11:39]:
Nein, leider nicht.

Andreas Von Gunten [00:11:41]:
Wenn du dir die generative KI vorstellst, die deinen Text verwendet, dann verwenden sie ja alle anderen Texte auch dazu. Und wenn nachher ein Thema, ein Faktum aus der KI generiert wird, mag es zwar sein, dass dein Beitrag einen Teil dazu beiträgt, dass das dann so rauskommt, aber es ist halt nur ein kleiner Teil. Und dieser kleine Teilwellen zu entlöhnen, ist mit so vielen Aufwandverbunden und Restriktionen, dass am Schluss die KI-Modelle nur noch funktionieren können, indem sie von den grossen Lizenzen geschlossen werden. Jetzt kommt etwas Wichtiges. Das führt dazu, dass die Open-Source-Modelle, die immer wichtiger werden, diese Probleme bekommen. Darum ist es interessant zu verstehen, dass wenn Google, OpenAI und Microsoft verlangen, dass sie als KI-Anbieter reguliert werden, dann muss bei uns der Alarmglocken losgehen. Wenn ein Konzern reguliert werden will, will er nicht, weil es für die Gesellschaft wichtig ist, sondern weil es für den Konzern wichtig ist. Monopol.

Andreas Von Gunten [00:12:39]:
Peter Thiel schrieb, dass die Wettbewerbsfraktion für Loser sein soll. Das ist ihre Idee. Wir müssen schauen, dass Wettbewerb weiterhin besteht. Wettbewerb der Ideen und auch Wettbewerb der Modelle. Die darf man nicht einschränken, indem man Urheberrechtsgesetze macht, die

Matthias Schüssler [00:12:57]:
dazu führen, dass sie nicht entstehen können. Aber da sind wir nicht. Wir sind nicht beim Wettbewerb der Modelle. Das Open AI war mal da und hatte plötzlich eine solche Dominanz. Wir sehen Google, wenn du das Bart anschaust, schafft es dich nicht, gegen OpenAI anzustinken. Da kannst du ja geschweige denn irgend… Wir beide können nicht irgendeine KI aus dem Boden stampfen und dann mit erwarten, dass wir gegen eine Open AI antreten können.

Andreas Von Gunten [00:13:27]:
Nein, nein, das ist klar. Also wir können alleine natürlich kein Foundation-Modell trainieren. Das ist richtig. Aber es gibt bereits jene derartige trainierte Modelle, die von anderen draussen sind, z.B. Von Stable Diffusion. Erstaunlicherweise auch von Meta. Ich muss zugeben, dass das von ihm, von Zuckerberg her, die letzte mögliche Strategie war, nachdem sie das verpennt haben, das so zu machen.

Matthias Schüssler [00:13:51]:
Mit dem Meta-Versum aufs falsche

Andreas Von Gunten [00:13:53]:
Ross gesetzt haben. Ja, weil sie gemerkt haben, das ist eine gute Möglichkeit, den anderen das Bein zu beißen. Aber für die Open-Source-Community ist das eine gute Sache. Man darf das nicht unterschätzen, es gibt im Moment eine unglaublich grosse Open Source LLM Community. Und die wächst. Und die Modelle, man geht davon aus, dass eigentlich dieses Jahr das erste Mal passieren wird, dass Open Source Modelle gleich sind wie Close Source Modelle. Man geht darum auch davon aus, dass JET GPT 5 dieses Jahr unbedingt kommen muss, weil wir sehr bald wieder ein Open Source Modell haben, das JET GPT 4 schlagen würde. Und das ist eine grossartige Neuigkeit.

Andreas Von Gunten [00:14:30]:
Das ist wichtig für uns, zu verstehen, dass die Foundation Models von anderen trainiert werden können. Das wird auch gemacht. Es gibt Plattformen, wo man sich austauschen kann. Es gibt Möglichkeiten für andere Firmen. Das gibt es auch schon jenige. Wir in Europa sind so neben den Schuhen. Wir überlegen uns nur immer, wie können wir regulieren. Währenddessen rundherum Firmen entstehen.

Andreas Von Gunten [00:14:53]:
An der TUBAC, und zwar, lustig, weil es in Amerika und in Kanada schon etwa fünf Firmen gibt, die über einen Milliard bewertet sind, die nichts anderes machen, als Open Source LLMs zu nehmen und die via API auf einer sauberen Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Das ist etwas, das auch ein Swisscom oder eine deutsche Telekom machen könnte. Warum machen die das nicht? Sondern man überlegt sich die ganze Zeit, wie können wir das regulieren? Können wir das regulieren, statt dass wir einfach hergehen und Plattformen herstellen und sagen, hier, wir nehmen die Open Source Modelle, das sind unsere API und wir machen es dann nachher besser. Aber wir pennen einfach, wir pennen und jammern und haben das Gefühl, die Welt wird besser, wenn wir das Gefühl haben, wir schränken das am besten. Da liegen wir völlig falsch, Wir kommen völlig auf die Welt, wenn wir das nicht endlich begreifen. Wir müssen das freilassen, wir müssen das laufen lassen. Natürlich müssen wir es begleiten, natürlich müssen wir aufpassen. Aber wir dürfen auf keinen Fall jetzt mit Ideen wie Urheberrecht eingreifen und diesen grossen Konzernen durch das Macht in die Hände zu geben, die Welt zu beherrschen.

Matthias Schüssler [00:15:47]:
Aber glaubst du nicht, dass es jetzt… Man muss ja auch irgendwie die… Sagen wir, wenn wir zu deinem Punkt kommen, die Übergangszeit irgendwie überbrücken, ohne dass einfach die Leute, die jetzt schon wenig mit ihren Inhalten verdienen, dann gar nichts mehr verdienen. Weil es ist ja tatsächlich so, wenn du einfach eben zum JetJPT gehst oder zum Microsoft Copilot und den kannst du eine Frage stellen und er beantwortet sie dir. Vielleicht, ich sage jetzt einfach mal mit Informationen, die er auch aus meinem Blog hat, dann klickt sich niemand mehr zu meinem Blog durch. Und dann ist die Werbung, die ich vorher verdient habe, völlig weg. Im unmittelbaren Moment sorgen die dafür, dass die Webseiten, die schon gearbeitet haben, gar keine Existenzberechtigung mehr haben. Ich sehe hier eine Gefahr einer Riesenverarmung, dass viele Leute finden, es bringe gar nichts mehr, oder eine kleine Verleihung findet, wenn gar niemand mehr sich zu uns durchklickt und vielleicht dann mal noch ein PDF kauft, dann können wir unser Geschäft einfach vergessen, dann fallen die weg.

Matthias Schüssler [00:16:58]:
Ich verstehe mich falsch, Ich finde es nicht so eine tolle Idee, die Idee, den Open AIs zu sagen, dass sie, wenn sie diese Informationen von meinem Blog erhalten haben und sie danach brauchen, dafür etwas bezahlen müssen, weil sonst bricht die Szene noch völlig auseinander und die ist am Schluss einfach weg. Und wenn sie weg ist, ist es eine Verarmung aus der Sicht des Menschheitswissens. Wie gesagt, es ist mehr eine Notoperation oder eine Notlösung, das mal am Leben zu halten. Damit kannst du auch nichts anfangen.

Andreas Von Gunten [00:17:35]:
Ich sage zwei Dinge dazu. Das eine ist, was du schilderst, dass, wenn man keine Aussicht mehr auf Geld hat, kein Inhalt mehr entsteht. Das ist das klassische utilitaristische Argument für das Urheberrecht, das man immer wieder herbeizieht. Wenn man keine Aussicht auf Geld hat, macht man keine kreativen Outputs. Das ist einfach schon x-fach widerlegt. Wenn das so wäre, gäbe es keine Open-Source-Software, es gäbe die Deanblock nicht, es gäbe die Meinblock nicht, es gäbe die Radio Stadtfilter, Kanal K und Radio Rabi nicht. Es gäbe ganz viele Dinge nicht, wenn es darum ginge, dass man kreativen Output macht wegen des Geldes. Warte mal kurz.

Andreas Von Gunten [00:18:13]:
Das heisst nicht, dass man damit kein Geld verdienen kann. Das ist wie bei Open Source auch hier. Wir müssen ein neues Modell finden. Und jetzt kommt der nächste Punkt. Die Zeit, in der du einen Blogpost ins Netz stellen konntest und dann ein paar Franken pro Jahr für die Werbung bekommen konntest, die Zeit ist auch nur eine kurze Zeit her. Das konntest du vorher auch nicht. Als die neuen Medien auftauchten, sagten wir alle, es ändere etwas. Es gibt den Kutscher nicht mehr, den Kohlenschaufel auf der Lok nicht mehr.

Andreas Von Gunten [00:18:43]:
Ich behaupte, das ist der Fehler, den Europa sehr oft macht. Wir denken immer von diesem Anbieter her. Wenn er seine Brötchen nicht mehr verkaufen kann, haben wir ein Problem. Aber die Welt verändert sich nie vom Anbieter her, sondern immer vom Nachfrager und der Nachfragerin. Das Problem, das sie haben, ist, dass sie eine Frage stellen wollen. Sie haben eine Frage an die Welt, die sie so gut wie möglich und schnell beantworten wollen. Die neue Lösung ist die Generative KI. Die ist viel besser.

Andreas Von Gunten [00:19:18]:
Mein Bedürfnis wird viel besser befriedigt. Das heisst, für die Anbieter, die bis jetzt im alten Modell Suchlisten mit 20 Links existieren konnten, müssen sie einen neuen Weg suchen. So ist die Welt. Es ändert sich.

Matthias Schüssler [00:19:31]:
Das heisst aber, dass wir wahrscheinlich aufhören müssten, Open AI und Microsoft zu brauchen und eben selbst ein Open-Source-Modell auf unserem Computer zu trainieren und möglichst autark zu werden, was KI angeht. Brauchst du OpenAI oder findest

Andreas Von Gunten [00:19:51]:
du Nein, im Gegenteil. Bei all den zahlenden Kunden, OpenAI, Perplexity, AI, Midjourney, nutze ich das alles im professionellen Level, herauszufinden, wie gut sie sind und funktionieren. Ich bin bereit, ihnen etwas zu zahlen, denn sie bieten nach wie vor auch an Leistung. Ich bin in dieser Frage nicht verblendert ideologisch. Ich sage mir, wer mir eine gute Lieferung macht, der soll für das auch etwas bekommen. Und das ist mir eigentlich relativ egal, ob das OpenAI ist oder ein Open Source Modell. Wenn es eine gute Lösung gibt, die von einem Open Source Modell basiert, dann nehme ich diese auch. Und heute oder gestern ist herausgekommen, dass Hugging Face die Möglichkeit bietet, eigene Avatare und eigene Bots auf der Basis von Open Source Modellen auf ihrer Plattform.

Matthias Schüssler [00:20:31]:
Das Hugging Face ist eine lustige Plattform, die müsst ihr unbedingt ausprobieren. Dort gibt es einfach… Das ist so eine Experimentierwiese. Genau. Die ist wirklich spannend. Genau. Kann ich nur empfehlen.

Andreas Von Gunten [00:20:41]:
Und die bieten eben solche Sachen an und es gibt noch viele andere. Und ich bin schon der Meinung, also wir müssen jetzt selber nicht… Ähm… Wir müssen damit experimentieren, nicht unbedingt neue, eigene Modelle entwickeln. Das können wir nicht. Das kann nicht jeder selber machen. Aber mit diesen Modellen experimentieren, also das heisst, solche Modelle zu dir herunterladen, Dinge probieren, wie funktionieren die RAG-Methoden, Wie kann ich weitere Inhalte von mir mit dem grossen Language-Modell verbinden? Und dann meine Notizen, das ist genial, was ich mir in Zukunft vorstelle, verbunden mit einem lokalen LLM, den ich nicht mehr suchen muss, Sondern nur noch Fragen an mich selber stellen. Wie geil ist das denn?

Matthias Schüssler [00:21:23]:
Was sagst du zu den Washington Post oder den New York Times, die sagen, sie erkennen ihre Texte wieder? Das Ding hat Texte, die ein normaler Leser, wenn du kommst, muss zahlen, dass du hinter Paywall kommst. Aber die haben den Beruf, zu trainieren. Jetzt verkaufen die diese Dienstleistung und geben unsere erarbeiteten Sachen aus. Oder nachverrecktere bei den Künstlern, die sagen, sie sehen mit Journey Sie erkennen ihre Kunst aus dem Netz und müssen die mit Journey zahlen, wenn sie anständig gebraucht werden. Sie bekommen Geld und ich habe null dafür. Hast du Empathie für diese Leute? Oder was sagst du denen, wenn sie sagen, dass es ihre Vision sei, aber sie für ihre Leistung entlöhnen wollen? Was sagst du so jemandem?

Andreas Von Gunten [00:22:17]:
Ich habe natürlich Empathie für alle Menschen. Ich bin Humanist. Von daher bin ich klar, dass ich verstehen kann, dass man das so sieht. Was ich nicht ganz verstehe, ist oft begründet, ist im Urheberrecht immer wieder so, gerade auch im deutschsprachigen Raum, dass wir z.B. Creative-Commons-Lizenzen Wir im europäischen Raum nutzen eine Non-Commercial Lizenz bei Creative Commons nutzen. Ich gebe das zwar frei, aber niemand darf damit Geld verdienen. Das verstehe ich nicht und kann es nicht nachvollziehen. Ich sage mir immer, wenn ich mein Werk nicht monetarisieren kann und es jemand anderes kann, hat er mir nichts weggenommen.

Andreas Von Gunten [00:23:00]:
Die andere Person hat offenbar etwas geschafft, was ich nicht geschafft habe.

Matthias Schüssler [00:23:04]:
Aber ich glaube, da bist du weniger besitzergreifend, als viele andere, die finden, dass sie etwas gemacht haben und es nicht schafft, den Kontrollverlust völlig frei zu geben.

Andreas Von Gunten [00:23:19]:
Genau, aber das hat mit der strukturellen Verankerung dieser abstrusen Idee des geistigen Eigentums zu tun. Das hat damit zu tun, dass du glaubst, dass der Blogpost, den du geschrieben hast, dein Eigentum ist. Wenn du dich davon loslösen könntest, indem du dir sagst, du hast es zwar geschrieben, aus mir kam es heraus, aber es ist nicht dein Eigentum, sondern unser Allereigentum, dann hättest du kein Problem damit.

Matthias Schüssler [00:23:42]:
Aber dann finde ich doch, dass Dieser Geistesblick oder diese Anekdote, die ich hier reingebracht habe und die aus diesem Blogpost, der vielleicht einen mittelmässigen Post gemacht hätte, einen genialen Blogpost gemacht hat. Diese ist aus meinem Kopf gekommen und hat mit meinem Leben zu tun. Da musste ich einmal… Ich gebe jetzt den leidenden Künstler, der musste zuerst ganz schlimme Dinge erleben, damit er seine Kunst in die Höhe aufschieben konnte. Ich habe geglittert für meine Kunst, also will ich jetzt auch etwas für meine Kunst. Ich will zumindest bestimmen, wer was damit tun darf. Und nein, irgendein Nazi darf nicht mit meinem Motiv auf seiner Flagge herumlaufen, wenn er gegen Ausländer hetzt. Das wäre dann z.B.

Matthias Schüssler [00:24:30]:
Auch noch etwas, das in diesen Kontrollbereich fallen würde, vielleicht.

Andreas Von Gunten [00:24:34]:
Das ist definitiv auch eines der schlagenden Argumente, die man bekommt. Wenn der Nazi das nimmt, dann natürlich nicht. Auch das verstehe ich. Aber es hängt auch alles mit dem Irrglauben zusammen, dass das, was du produziert hast, dir allein gehört. Deine ist nicht dir alleine. Das ist wichtig zu verstehen. Interessanterweise akzeptieren wir das auch sonst in der Welt. Wenn du ein Haus hast, das dir gehört, das gehört ganz allein dir, du hast es allein gekauft, du hast es mit deinem Geld erwirtschaftet, Und trotzdem hast du nicht die komplette Kontrolle über das Haus.

Andreas Von Gunten [00:25:09]:
Du kannst nicht einfach eine gelbe Farbe hinstreichen. Dann kommt der Denkmalschutz, der Ortsbildschutz, die Nachbarn kommen usw., obwohl das dein Haus ist. Und Bei vielen Eigentumstexten oder Eigentumselementen akzeptieren wir, dass wir keine hundertprozentige Kontrolle haben. Beim Urheberrecht haben wir das Gefühl, alles, was aus meinem Kopf brünzelt, ist mir. Und vielleicht noch wichtig, du hast vorhin etwas Wichtiges gesagt, du hast den Text gemacht, das ist in deinem Kopf passiert. Ich frage dich, wer bist denn das du? Wie ist das entstanden? Was macht das aus? Warum bist du das? Letztendlich ist das, was in deinem Kopf ist, nicht einfach du. Du hast auch Geschenke bekommen von allen anderen. Dass überhaupt etwas in deinem Kopf ist, ist da, weil ich mit dir rede und andere Leute auch mit dir reden.

Andreas Von Gunten [00:25:55]:
Die Welt da draussen existiert. Es kann nicht sein, dass das mit dir alleine zu tun hat. Es ist bei dir eine Art Manifestation, aber du bist ein Teil eines grossen geistigen Kollektivs. Das bildlich darzustellen, bin ich aber überhaupt nicht spirituell in dieser Frage. Es geht darum, zu verstehen, dass das alles Knoten eines grossen geistigen Netzes sind, von denen wir alle profitieren, wenn wir es freigeben.

Matthias Schüssler [00:26:20]:
Das finde ich eine sehr schöne Vision. Ich weiss einfach nicht, ob die Welt bereit ist für diese Vision.

Andreas Von Gunten [00:26:26]:
Ist sie nicht. Ich werde es nicht mehr

Matthias Schüssler [00:26:27]:
erleben. Aber Wir müssen fast schon wieder aufhören. Ich hätte sicher noch eine Stunde weiter diskutieren können. Ich finde das sehr spannend. Ich bin gespannt, was unsere Hörerinnen und Hörer auf jeden Fall für Feedback haben. Ich würde als letzte Frage von dir wissen, findest du denn diese Ich glaube, du hast trotzdem auch das Gefühl, dass du, wenn du etwas produzierst, in Text oder so, etwas von dir gibst und eben auch in die Welt rausgibst und allen zur Verfügung stellst. Aber hast du nicht genau die Angst, dass dir irgendeine KI das wegnimmt, weil sie es schneller, besser und nah geschneiderter macht als du?

Andreas Von Gunten [00:27:14]:
Nein, im Gegenteil. Wenn eine KI mir die Arbeit abnimmt, umso besser. Dann kann ich noch besser werden, noch mehr verstehen, noch bessere Fragen an die Welt stellen und noch bessere Antworten generieren, mithilfe von KI als Werkzeug. Ich muss schon sagen, meine Gedanken, die ich mir zu diesem Urheberrecht mache, sind an verschiedensten Stellen gelesen. Das inspiriert mich. Wenn ich schneller zum Ziel komme, umso besser. Ich muss sagen, was ich wichtig finde, ich möchte den Leuten einen Abschluss mitgeben. Ich glaube, wir müssen in dieser Frage den Kleingeisten wegputzen und grossmütig werden.

Andreas Von Gunten [00:27:53]:
Letztendlich ist das grosse Geniale die Vision, die Vorstellung, dass wir alle auf dieser Welt auf alles Wissen dieser Welt jederzeit zugreifen und uns miteinander dazu austauschen. Dort müssen wir herkommen. Das ist eine geniale Vorstellung für alle.

Matthias Schüssler [00:28:11]:
Andreas Vogunten, herzlichen Dank, dass du im «Nerdfunk» warst.

Andreas Von Gunten [00:28:15]:
Danke, dass ich hier sein durfte.

Matthias Schüssler [00:28:18]:
Mit Untertiteln von SWISS TXT Nerdfunk. Danke, dass ihr da sein dürft. Untertitel von Stephanie Geiges

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