Geldspielgesetz-Trumpismus

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Die Vertreter und Vertreterinnen der politischen Institutionen werden nicht müde zu betonen, wie wichtig es ist, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Demokratie und den Rechtsstaat nicht verliert. Sie haben recht damit. Vertrauen ist ein äusserst wichtiges Gut. Ohne Vertrauen ist ein sinnvolles Zusammenwirken in einer Gesellschaft nur mit grossem Aufwand an Kontrolle und Gewalt möglich.

Wenn sich nun aber der grösste Teil unserer politischen Führung für eine Abstimmungskampagne stark macht, die an Faktenfreiheit kaum zu überbieten ist, wird genau dieses Vertrauen auf’s Spiel gesetzt. Ein Gesetz, welches ziemlich übel riecht, weil nahezu jeder Artikel von Casinobonzen-Lobbyistensaft durchtränkt ist, kann man natürlich nur mit dem Zweihänder durchdrücken. Nur sollte man sich dann in Zukunft hierzulande nicht mehr über den Herrn Trump mokieren, denn mit der Befürworter-Kampagne zum Geldspielgesetz wurde der Trumpismus auch in der Schweiz ein grosses Stück salonfähiger gemacht.

Diese Spielart der politischen Kommunikation zeichnet sich dadurch aus, dass sie Behauptungen immerzu wiederholt, obwohl sie völlig offensichtlich falsch und widerlegbar sind. Es werden Ängste vor imaginären Problemen geschürt und es wird erklärt die Lösung für diese Probleme zu präsentieren. Dabei wird auf perfide Art und Weise oft nicht die Wahrheit gesagt ohne richtig zu lügen und es wird versucht Gegner mit Geld ruhig zu stellen.

So wurde Nationalrat Marcel Dobler (FDP) von einem Casinobetreiber ein VR-Mandat angeboten und Nationalrat Lukas Reimann (SVP) sei aus dem Casino-Lager versichert worden, dass er sich keine Sorgen um die Finanzierung der Wahlen 2019 machen müsste, wenn er sich für ihre Sache einsetzen würde.

Die Kampagne behauptet fortwährend, dass die Schweizer Kultur- und Sportförderung sowie die AHV-Finanzierung durch die Lotteriegewinne in Gefahr seien, wenn das Geldspielgesetz abgelehnt würde. Es wird den Vereinen in E-Mails mitgeteilt, dass ihre Unterstützungsbeiträge bei einem Nein zu diesem unsäglichen Gesetz nicht mehr gewährleistet sein würden, das keine Sportgeräte mehr gekauft und weniger Sportlager durchgeführt werden können. Die Zukunft der Volksmusik hänge vom Ausgang dieser Abstimmung ab. Spielplätze werden verlottern, Museen und Zoos müssten schliessen, Konzerte abgesagt werden, ja sogar die Naturlehrpfade seien gefährdet.

Diese Behauptungen werden wider besseren Wissens und ohne Belege mit sehr viel Geld, welches auf völlig intransparent Weise zusammenkommt, in die Welt posaunt. Denn Swisslos ist auch nur eine der vielen graustaatlichen Institutionen, die ein massives Transparenzdefizit haben und eigentlich dem Öffentlichkeitsgesetz unterstellt werden müssten. Tragisch dabei ist, dass sich so viele ParlamentarierInnen und RegierungsrätInnen für diese unredliche Kampagne einspannen lassen. Dabei zeigen die Zahlen der letzen Jahre, dass sich die Einnahmen aus den Lotteriebeiträgen nicht verändern, trotz Internet und Online-Spielen, wie der grüne Nationalrat Balthasar Glättli kürzlich in einem Tweet gezeigt hat.

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Natürlich ist es denkbar, dass mit der Zeit mehr Geld zu ausländischen Online-Spiele-Anbietern abfliessen würde, aber der Gesetzgeber muss ja den Verfassungsauftrag erfüllen und bei einem Nein zu diesem äusserst schlechten Gesetz eine neue Vorlage ausarbeiten. Eine Vorlage welche wirklich dafür sorgt, dass alle Anbieter von Geldspielen im Internet, egal ob inländisch oder ausländisch, ihren Anteil an die Öffentlichkeit abführen und sich auch in Sachen Schutz und Prävention bei Spielsucht an unsere Gesetze halten. Es gibt also absolut keinen Grund zur Panik und das wissen die Befürworter auch. Angst vor einer besseren Vorlage müssen nur die ungefähr fünfzehn Casinounternehmen haben, die in der glücklichen Lage sind, in der Schweiz über eine oder mehrere der raren lokalen Monopol-Lizenzen zu verfügen.

Und damit kommen wir gleich zu einem weiteren Mythos, der von den Befürwortern verbreitet wird. Nämlich, dass das Gesetz irgendwas mit Schweizer Kapital zu tun hat. Die ganze Kampagne ist auf der Nationalismusschiene aufgebaut und verschweigt, dass bereits heute die Hälfte der Casinobetreiber in der Schweiz mehrheitlich in ausländischer Hand sind. Der Jungpolitiker Andri Silberschmidt hat in diesem Tweet die Tabelle der Beteiligungen gepostet und macht zu Recht darauf aufmerksam, dass durch dieses Gesetz ein paar wenige ausländische und inländische Kapitalisten ihre Monopolrente abschöpfen können, was auch der Grund sein dürfte, warum die Befürworter-Kampagne mit dieser Vehemenz geführt wird.

Das absurde an dieser Vorlage ist nämlich, dass nur Online-Spiele anbieten darf, wer in der Schweiz ein physisches Casino betreibt. Das wäre, wie wenn jeder Online-Shop nur zulässig wäre, wenn dieser auch über einen Laden verfügte oder wenn jede Website auch gedruckt erscheinen müsste.

Bundesrätin Sommaruga erklärt zwar bei jeder Gelegenheit, dass “sich die ausländischen Anbieter bei der nächsten Vergaberunde auch in der Schweiz um eine Konzession bewerben könnten. Sie müssen einfach einen Sitz in der Schweiz haben oder sich an einem Schweizer Casino beteiligen.” So auch beim kürzlich durchhgeführten Online-Chat von 20 Minuten. Diese Aussage ist zwar nicht falsch, beinhaltet aber nur die halbe Wahrheit. Denn die Lizenzen, die an Casinos vergeben werden, sind begrenzt. Es wird nahezu unmöglich sein, eine solche zu bekommen. Und die Aussage, dass man sich an einem Schweizer Casino beteiligen könne um dann hier Online Spiele anbieten zu könnten, ist schlicht falsch. Wenn schon ist es umgekehrt, man müsste Anteile an ein Schweizer Casino abgeben, wahrscheinlich die Mehrheit, um von der Lizenz des Mutterhauses profitieren zu können. Dadurch würden die bestehenden Casino-Unternehmen nur noch mächtiger und jedes Startup welches im Online-Spielebereich etwas anbieten möchte, wäre diesen schummrigen Konzernen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.

Ich muss natürlich auch noch kurz auf die Netzsperren zu sprechen kommen. Es ist gefährlich sich darauf zu verlassen, dass diese ja einfach zu umgehen sind. Das ist zwar richtig und wird darum dazu führen, dass wohl kaum ein Franken der zu ausländischen Anbietern führt, zurückgehalten werden kann, was ein weiteres Argument der Befürworter in Frage stellt. Doch genau hier liegt die Krux. Wenn wir dieses Gesetz annehmen, werden die Monopol-Casinos der Schweiz und ihre Swisslos-Kollegen nach ein paar Jahren feststellen, dass trotzdem auf die besseren Angebote im Ausland ausgewichen wird, worauf sie eine Verschärfung des Gesetzes verlangen werden. Zum Beispiel das Verbot von public DNS-Anbietern oder das Verbot der privaten Nutzung von VPN Lösungen. Dies werden sie in Zusammenarbeit mit den Überwachungseiferern und, wie schon bei den Netzsperren, mit der Musikindustrie orchestrieren und mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein damit. Nur schon deswegen gilt es hier, sich mit aller Kraft den Anfängen zu wehren.

Fassen wir also zusammen. Dieses Gesetz und seine Kampagne riechen aus allen Poren übel nach Protektionismus und Lobbying der schädlicheren Sorte. Schädlich deshalb, weil die Vorlage nicht nur inhaltlich völlig falsche Zeichen setzt, sondern weil sich die Befürworter-Kampagne derart unverfroren Halbwahrheiten bedient und versucht Ängste zu schüren, dass sie der politische Kultur in der Schweiz einen weiteren Schlag versetzt.

Wer noch einen Hauch von Respekt in unsere demokratischen Institutionen aufrecht erhalten will, lehnt diese Vorlage ab. Ein Gesetz welches derart offensichtlich für ein paar wenige Casino-Profiteure geschrieben wurde und mit deren Geld nun durchgeboxt werden soll, ist unseres Staates nicht würdig.

Nein zum Geldspielgesetz am 10. Juni 2018.

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