Der bekannte Verfechter einer freien Netzkultur Jeff Jarvis hat heute an der re:publica 2010 in Berlin ein fulminantes Plädoyer für das offene Internet gehalten. Er hat seinen Vortrag mit „the German Paradox“ betitelt und die These vertreten, dass wir Gefahr laufen, die Vorteile des öffentlichen Internets zu verlieren, wenn wir uns zu sehr auf den Schutz des Privaten konzentrieren.
Der Preis, den wir für einen überhöhten Datenschutz bezahlen, könnte die Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit sein. Wenn wir Google Streetview aus Datenschutzgründen ablehnen, könnte im Prinzip irgendwann mal alles Fotografieren und Filmen im öffentlichen Bereich verboten werden, was für eine freiheitliche offene Gesellschaft fatal wäre.
Der Wert der Öffentlichkeit liegt vor allem darin, dass wir durch das (Mit-)Teilen unseres Wissens und unserer Erfahrungen einander helfen und voneinander profitieren können.
Was in der Öffentlichkeit stattfindet gehört der Öffentlichkeit, also uns allen, und das Internet sei eben nicht einfach ein Medium, sondern ein öffentlicher Ort.
Natürlich ist es dabei wichtig, dass wir die Kontrolle über unsere Daten behalten und dass wir auch entscheiden können, was Privat ist und was nicht. Aber das sollte nicht dazu führen, dass wir wieder Mauern aufbauen und das offene Internet zu einem Netzwerk geschlossener Systeme machen.
Lesenswert dazu sind auch die Bill of Rights in Cyberspace, die Jeff Jarvis vor ein paar Wochen im Guardian und auf seinem Blog publiziert und heute am Ende des Vortrages auch erwähnt hat.
Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, diesen Vortrag zu hören und ich werde später noch auf den einen oder anderen Punkt näher eingehen. Da hat es noch einiges Diskussionsbedarf, wie das @mcschindler heute retweeted hat. Ich muss jetzt aber wieder los zum Friedrichstadtpalast…
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