Informationelle Selbstbestimmung – Notizen und Links

Am ersten Datenschutz-Festival am 2. Dezember 2022 hat Florent Thouvenin in einem Vortrag die Forderung nach der informationellen Selbstbestimmung im Grundatz in Frage gestellt. Seine Hauptaussage ist, dass es im Zeitalter der kompletten digitalen Durchdringung der Welt kaum möglich ist, die Idee dahinter, in der Realität umzusetzen und dass wir in der analogen Welt auch nicht auf die Idee kämen, diese einzufordern. Das bedeute allerdings nicht, dass wir deswegen davon absehen sollten, die möglichen negativen Folgen des Missbrauchs von persönlichen Daten wie Diskriminierung und Manipulation zu bekämpfen.

In diesem Blog habe ich den Begriff zum ersten Mal im Jahr 2009 erwähnt, als ich bei der Gründung der Piratenpartei Schweiz dabei war und meine Vorstellung darüber, was er bedeutet zwei Jahre später, 2011 mit einer Wahlempfehlung für die Piraten, wie folgt zusammengefasst:

Wir geben immer mehr Informationen über uns und unser Verhalten im Internet preis, und dies tun wir auch aus guten Gründen. Es ist sinnvoll und nützlich solche Informationen zu teilen, und die interessanten Möglichkeiten die sich daraus ergeben sind erst in Ansätzen sichtbar. Das Hauptproblem dabei ist aber, dass wir oft den Zugang zu diesen, unseren Daten selbst nicht erhalten. Sei dies nun bei wirtschaftlichen bzw. privaten oder bei behördlichen Datensammlungen. Mein Einkaufsverhalten via Cumulus oder Coop Supercard zu tracken und messen wäre eigentlich sinnvoll, wenn ich mit diesen Daten auch selbst arbeiten könnte. Wenn Google, Facebook, Apple & Co Daten von uns erhalten, ist das okay, aber wir sollten den Zugang zu diesen Daten genauso erhalten. Wenn Behörden über uns Datensammlungen anlegen, sollten wir diese auch selber prüfen und verwerten können, usw. Und ich muss alle diese Daten jederzeit löschen lassen können, mindestens in den Datenbanken, in welchen Sie angelegt wurden, auch wenn ich die Daten freiwillig verfügbar gemacht habe. Wir brauchen eine Kultur, in welcher ich jederzeit selber bestimmen kann, welche persönlichen Daten ich mit wem teile, und ich jederzeit auch auf die Datenbanken zugreifen kann, in welchen Daten von mir und über mich gespeichert sind.

In einem Blogbeitrag bei humanrights.ch zu einem abgewiesenen Vorstoss, das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung im Datenschuztzgesetz zu bestimmen:

Informationelle Selbstbestimmung bedeutet das Recht des Individuums, grundsätzlich selbst über die Verwendung der Daten zu bestimmen, welche sich auf seine Person beziehen. Gemeint ist also das Recht des Individuums zu entscheiden, wer seine persönlichen Daten nutzt, wem sie weitergegeben und zu welchen Zwecken sie verwendet werden. Letztlich geht es nicht nur um die Anerkennung eines Freiheitsrechts, sondern auch des Eigentumsrechts an den personenbezogenen Daten.

Die Dissertation «Informationelle Selbstbestimmung – ein Grundrecht im Wandel?» von Stefanie Daniela Waldmeier aus dem Jahre 2016 geht dem Konzept auf den Grund und führt in der Einleitung aus:

Von der Betroffenenseite wird hier das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ins Felde geführt, welches dem einzelnen den Anspruch einräumen soll, selbst über die Verwendung seiner Daten zu bestimmen. Wer sich jedoch daran wagt herauszufinden, was der Schutzzweck dieses Grundrechts ist, wie sich sein Schutzbereich und Schutzobjekt definieren und was dessen Kernbereich sein soll, wird schnell feststellen, dass vieles unklar ist, dass solche Unklarheiten mit weitgefassten Formulierungen zu überdecken versucht werden oder dass sich gewisse von der Lehre getroffene Annahmen bei genauerer Betrachtung gar als falsch erweisen.

Die Episode 10 unseres Podcasts Datenschutzplaudereien hatte die Informationelle Selbstbestimmung im neuen DSG zum Thema.

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